Über Autismus

Autismus wird medizinisch durch die „Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ (ICD-10) den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen zugeordnet.

Diese gelten als angeboren, zeigen sich erst im Laufe der Zeit und beeinflussen die Person in ihrer Gesamtheit. Kennzeichnung für den Autismus sind Auffälligkeiten in folgenden Bereichen:

Soziale Interaktion

Betroffenen fällt es schwer, die Befindlichkeiten sowie Bedürfnisse des Gegenübers wahrzunehmen, zu deuten und darauf adäquat zu reagieren. Auch die Wahrnehmung und Umsetzung eigener Bedürfnisse und Grenzen in sozialer Interaktion fällt häufig schwer. Somit können soziale Interaktionen zu einer Überforderung bei Menschen mit Autismus führen.

Verbale und nonverbale Kommunikation

Es kann zu Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung, wie beispielsweise auffallend frühes Sprachvermögen oder auch einer verzögerten oder ausbleibenden Sprachentwicklung, kommen.

Interessen

Die Interessen und Aktivitäten sind zumeist sehr eingeschränkt, was sich in immer wiederkehrendem Spiel oder auch ständiger Beschäftigung mit einem bestimmten Thema oder Objekten zeigt. Sie bevorzugen wiederkehrende Rituale, Handlungen und Abläufe, die ihnen Vorhersehbarkeit und Sicherheit bieten. Auch das familiäre Umfeld wird durch diese Rituale und Abläufe beeinflusst. Häufig entsteht der Bedarf innerhalb der Familie, einen Umgang mit unterschiedlichen autistischen Verhaltensweisen zu finden. 

Autismus-Spektrum

Bisher wurde Autismus durch die "Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme" (ICD-10) diagnostisch unterteilt in:
frühkindlicher Autismus (F84.0)
atypischer Autismus (F84.1)
hochfunktionaler Autismus (Asperger-Syndrom*)

*Wir distanzieren uns von den Handlungen von Hans Asperger, dessen Vergangenheit in der NSDAP aufgedeckt wurde.

Die Wissenschaft geht heute davon aus, dass es eine große Bandbreite in der Verteilung autistischer Besonderheiten gibt, die individuell und unterschiedlich in der Ausprägung sind. Alle Formen des Autismus werden als Varianten innerhalb eines weiten Spektrums begriffen. Daher werden die alten Klassifizierungen durch den umfassenderen Begriff „Autismus-Spektrum-Störung“ (ASS) abgelöst.

Die Ursachen des Autismus sind bislang nicht vollständig geklärt. Die Wissenschaft geht davon aus, dass verschiedene Faktoren zur Entstehung beitragen. Genetische Einflüsse und hirnorganische Veränderungen gelten als belegt. Eine polygenetische Ursache wird angenommen. Zudem geben Ergebnisse aus Zwillingsstudien Hinweise darauf, dass prä-, peri- und postnatale Bedingungen Einflüsse auf die Entwicklung von Autismus haben.

Unser Menschenbild

Wir verstehen und erleben Autismus als eine besondere Form der Wahrnehmungs- und Reizverarbeitung, die viele Ressourcen beinhaltet, welche konstruktiv und für die Betroffenen stärkend im therapeutischen Prozess genutzt werden können. Für uns macht jedes Verhalten, welches ein Mensch mit autistischen Verhaltensweisen zeigt, einen Sinn für den Betroffenen. Es ist Ausdruck seiner individuellen Bewältigung von Strukturen, die ihn überfordern.

Im Internet findet man einige Beiträge von Asperger-Autist*innen, die ihr Empfinden als „Oops, wrong planet" beschreiben. Sie kämen sich vor, als wären sie auf einem Planeten gelandet, dessen Sprache, Regeln und Bewohner sie nicht verstehen. Wir sehen unsere Aufgabe darin, den Betroffenen und dessen Umfeldern ein besseres Verständnis und eine gute Integration der Besonderheiten zu ermöglichen. Dabei übernehmen wir eine Art „Dolmetscherfunktion", um beide Seiten zu einer besseren Verständigung zu führen. In der Therapie und der Beratung entsteht ein Dialog zwischen Klient*in, Therapeut*in und Bezugspersonen, der sowohl die Möglichkeit zur Auseinandersetzung und zur Beziehungsgestaltung bietet, als auch die Fähigkeit zur Anpassung auf beiden Seiten fordert.

Lara Hammelbeck
Autismus-Therapiezentrum

Leitung

Tel. 0251 3788-63
lara.hammelbeck@drk-muenster.de

Wolbecker Straße 21
48155 Münster